Ludwig Wittgensteins Überlegungen zu Sprache, System und Weltbeschreibung erweisen sich als überraschend aktuell für die Entwicklung moderner KI. Seine Einsicht, dass wir nur innerhalb gegebener “Netze der Beschreibung” denken können, wirft fundamentale Fragen über generative KI, Multi-Agenten-Systeme und die Zukunft verteilter Intelligenz auf.
“Die Welt ist vorgegeben, das System ist vorgegeben. Darum kann ich ein System nicht suchen.” Mit diesen prägnanten Worten fasst Ludwig Wittgenstein eine der tiefgreifendsten Erkenntnisse seiner Sprachphilosophie zusammen – eine Erkenntnis, die heute, im Zeitalter der künstlichen Intelligenz, neue Brisanz gewinnt.
Das Netz der Beschreibung
Wittgensteins zentrale Metapher vom “Netz der Weltbeschreibung” erscheint geradezu prophetisch für unser Verständnis moderner KI-Systeme. Wenn wir über die Welt sprechen oder sie verstehen wollen, legen wir unweigerlich ein bestimmtes Beschreibungsnetz darüber – sei es das der Naturwissenschaft, der Alltagspsychologie oder der Mathematik. Die Gesetze und Muster, die wir dann entdecken, erzählen uns nicht von der “rohen Welt an sich”, sondern von den Strukturen des von uns gewählten Systems.
Die Welt ist vorgegeben, das System ist vorgegeben. Darum kann ich ein System nicht suchen. Es kann jedoch sein, dass mir ein System implizit gegeben ist, gewissermaßen in ungeschriebenen Symbolen. Dann kann ich nach dem Ausdruck für dieses System suchen.
Diese Einsicht trifft den Kern dessen, was generative KI-Systeme wie ChatGPT oder Claude tatsächlich leisten: Sie arbeiten nicht mit der Welt selbst, sondern mit den Mustern und Strukturen ihrer…