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Ein Gespräch mit Sascha Seniuk von AIs­cream über die Möglichkeit­en und Gren­zen beim Ein­satz agen­ten­basiert­er KI im Mit­tel­stand 

  • Herr Seniuk, Ihr Mot­to bzw. das von AIs­cream lautet “Kom­plex­ität raus — Nutzen rein!” — was ist damit konkret gemeint?
Sascha Seniuk, Grün­der und CEO von AIs­cream

Ganz ein­fach: Wir müssen aufhören, KI wie Zauberei zu behan­deln. Für einen Mit­tel­ständler ist es völ­lig egal, wie das neu­ronale Netz im Hin­ter­grund rech­net. Wichtig ist nur: Löst es mein Prob­lem? Spart es Zeit?

“Kom­plex­ität raus“ heißt für mich: Wir stre­ichen die tech­nis­chen Fach­be­griffe.

“Nutzen rein“ heißt: Wir schauen, was am Ende des Tages dabei her­auskommt. KI ist ein Werkzeug, genau wie ein Ham­mer oder eine Excel-Tabelle. Man muss nicht wis­sen, wie man den Ham­mer schmiedet, man muss nur wis­sen, wie man damit den Nagel trifft.

  • Wenn Sie jet­zt auf die let­zten 20 Jahre im Bere­ich IT zurück­blick­en — was sind aus Ihrer Sicht die wichtig­sten Meilen­steine — was hat sich als über­trieben bzw. pur­er Hype her­aus­gestellt?

Der wichtig­ste Meilen­stein war, dass pro­fes­sionelle Soft­ware für alle ver­füg­bar wurde. Stich­wort Cloud. Früher brauchte man riesige Server­räume, heute reicht ein Login im Brows­er. Das hat kleine Fir­men mit großen Konz­er­nen auf Augen­höhe gebracht.

Über­trieben war alles, was keine echt­en Prob­leme gelöst hat. Erin­nern Sie sich an den Hype um das “Meta­verse“? Das war Tech­nolo­gie um der Tech­nolo­gie willen. Ein Handw­erks­be­trieb braucht keine virtuelle Real­ität, er braucht saubere Prozesse. Hypes ster­ben immer dann schnell, wenn sie im stres­si­gen Arbeit­sall­t­ag keinen echt­en Mehrw­ert liefern.

  • Wie ver­hält es sich mit der gen­er­a­tiv­en KI, vor allem aber mit KI-Agen­ten und agen­ten­basierten Work­flows — nur ein Hype oder doch ein Phänomen von Dauer?

Das bleibt. Aber wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Es geht nicht um Robot­er, die uns erset­zen. Es geht um schlaue Soft­ware, die Auf­gaben selb­ständig erledi­gen kann.

Stellen Sie sich vor, eine E‑Mail mit ein­er Rech­nung kommt rein. Früher musste ein Men­sch sie öff­nen, lesen und abtip­pen. Ein “KI-Agent” erken­nt heute: “Aha, eine Rech­nung“, liest die Dat­en aus, prüft sie und spe­ichert sie im Ord­ner ab. Das ist kein Hype, das ist der näch­ste logis­che Schritt der Büroar­beit. Wir nen­nen das Prozes­sautoma­tisierung, nicht Sci­ence-Fic­tion.

  • Was ist Ihre Erfahrung bei der Arbeit mit KMUs — wo liegen die Schw­er­punk­te, wenn es um den Ein­satz von KI geht?

Die Tech­nik ist meis­tens das kle­in­ste Prob­lem. Die Schw­er­punk­te liegen beim Men­schen und bei der Recht­slage.

Erstens haben viele Mitar­beit­er Angst oder sind über­fordert. Unsere Auf­gabe ist es, diese Angst zu nehmen und zu zeigen: “Schau mal, das Tool nimmt dir die lang­weilige Arbeit ab”.

Zweit­ens will kein Geschäfts­führer Ärg­er mit dem Gesetz. The­men wie Daten­schutz und der neue EU AI Act ste­hen ganz oben auf der Liste. Der Mit­tel­stand braucht Sicher­heit, keine Exper­i­mente.

  • Was rat­en Sie KMUs, die mit dem Gedanken spie­len, KI-Agen­ten oder agen­ten­basierte Work­flows für ihre Abläufe einzuset­zen?

Räu­men Sie erst Ihren Keller auf, bevor Sie neue Möbel kaufen. Wenn Ihr Prozess heute schon chao­tisch ist, wird er durch KI nur noch schneller chao­tisch.

Mein Rat: Schauen Sie sich erst an, wie Sie heute arbeit­en. Wo hakt es wirk­lich? Dann über­legen wir, wo KI helfen kann. Und ganz wichtig: Nehmen Sie Ihr Team mit. Wenn Sie Ihren Leuten ein­fach eine neue Soft­ware vor die Nase set­zen, ohne Erk­lärung, wird das Pro­jekt scheit­ern. KI muss den Leuten helfen, nicht sie überwachen.

  • Wo ver­laufen die Gren­zen, d.h. ab wann wird der Nutzen beim Ein­satz von KI neg­a­tiv und warum?

Sobald ich länger brauche, um das Ergeb­nis der KI zu kon­trol­lieren, als es selb­st zu machen, läuft etwas schief.

KI macht Fehler, sie “rät“ manch­mal, neigt zu Hal­luz­i­na­tio­nen. Wenn ich mich nicht auf das Ergeb­nis ver­lassen kann, habe ich keinen Zeit­gewinn. Außer­dem darf KI niemals die let­zte Ver­ant­wor­tung tra­gen. Sie ist ein Assis­tent, kein Chef. Wer blind ver­traut, ver­liert die Qual­itätssicherung aus den Augen.

  • Unternehmen sind sozio-tech­nis­che Sys­teme — wo bleibt in Zukun­ft die men­schliche Kom­po­nente, wo ist noch Raum für Erfahrung, für informelle Beziehun­gen und Impro­vi­sa­tion?

Das bleibt das Wichtig­ste. Geschäfte wer­den zwis­chen Men­schen gemacht. Ver­trauen, ein Hand­schlag, das Gespür für einen Kun­den in einem schwieri­gen Gespräch. Das kann keine KI. Und wenn sie es irgend­wann kann, soll­ten wir es trotz­dem für uns beanspruchen.

Die KI soll uns den Rück­en frei­hal­ten von Papierkram und Dateneingabe. Damit wir wieder mehr Zeit haben, wirk­lich miteinan­der zu sprechen. Impro­vi­sa­tion braucht Erfahrung und Bauchge­fühl, KI hat nur Dat­en. Wir wollen KI nutzen, um wieder men­schlich­er arbeit­en zu kön­nen, nicht maschineller.

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