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Die Berech­nung der Total Cost of Own­er­ship (TCO) für App­lika­tio­nen der verteil­ten kün­stlichen Intel­li­genz (KI) ist mehr als eine betrieb­swirtschaftliche Pflichtübung. Sie ist ein strate­gis­ches Instru­ment, das den langfristi­gen Wert von Investi­tio­nen in eine Tech­nolo­gie sicht­bar macht, deren Dynamik und Kom­plex­ität selb­st erfahrene Unternehmen vor neue Her­aus­forderun­gen stellt.

TCO als umfassender Blick

Die TCO-Berech­nung berück­sichtigt sämtliche Kosten über den gesamten Leben­szyk­lus ein­er KI-Anwen­dung hin­weg: von den Anschaf­fungs- und Entwick­lungskosten über Inte­gra­tion, Betrieb, Schu­lung und Skalierung bis hin zu indi­rek­ten Fak­toren wie Aus­fal­lzeit­en oder Per­for­mance-Ein­bußen. Bei verteil­ten KI-Sys­te­men kom­men zusät­zliche Posten hinzu – Mul­ti-Cloud-Kosten, AI Sprawl, Ven­dor Lock-In, Band­bre­it­en und Latenz. Auch die in jün­ger­er Zeit dom­i­nan­ten Kosten­blöcke wie Token-Ver­brauch und Opti­mierung von Mod­ellen spie­len eine zen­trale Rolle. Ger­ade sie machen deut­lich, dass laufende Kosten in mod­er­nen KI-Architek­turen oft stärk­er ins Gewicht fall­en als die ein­ma­lige Anschaf­fung.

Kein „bestes Mod­ell“ – nur passende Mod­elle für die jew­eilige Sit­u­a­tion 

Eine wesentliche Ein­sicht: Die Suche nach dem „besten“ Mod­ell ist illu­sionär. Mod­elle lassen sich nicht abso­lut ver­gle­ichen, son­dern nur in Bezug auf konkrete Anwen­dungs­fälle, vorhan­dene Infra­struk­turen und definierte Unternehmen­sziele. Entschei­dend ist nicht die Spitzen­leis­tung auf Bench­mark-Daten­sätzen, son­dern die mess­bare und valide Beitragsleis­tung zum Unternehmenser­folg. Min­dest­stan­dards – in Bezug auf Com­pli­ance, Sicher­heit, Wirtschaftlichkeit und definierte KPIs – sind aus­re­ichend, solange sie erfüllt sind.
In dieser Per­spek­tive wird die Wahl eines Mod­ells zu ein­er prag­ma­tis­chen Entschei­dung: Das „beste“ Mod­ell ist jenes, das inner­halb der geset­zten Rah­menbe­din­gun­gen zuver­läs­sig, nachvol­lziehbar und wirtschaftlich funk­tion­iert.

Flex­i­bil­ität gegen Sunk Costs

Die große Gefahr liegt in den unkalkulier­baren Sunk Costs – wenn Investi­tio­nen in ein Mod­ell, seine Inte­gra­tion oder sein Train­ing so spez­i­fisch sind, dass ein später­er Wech­sel enorme Zusatzkosten verur­sacht. Um dies zu ver­mei­den, soll­ten Unternehmen auf offene Stan­dards, mod­u­lare Architek­turen und Porta­bil­ität set­zen. Nur so lassen sich langfristig Hand­lung­sop­tio­nen offen­hal­ten und die Risiken eines Ven­dor Lock-in min­imieren.

Her­bert Simon: Vielfalt und Flex­i­bil­ität als Leit­prinzip­i­en

An diesem Punkt sind die Über­legun­gen des Nobel­preisträgers und Pio­niers der Kün­stlichen Intel­li­genz Her­bert Simon beson­ders erhel­lend. Simon warnte bere­its in anderen Kon­tex­ten davor, kom­plexe Sys­teme auss­chließlich unter dem Gesicht­spunkt ein­er abstrak­ten Opti­mierung zu betra­cht­en. Stattdessen plädierte er für Vielfalt inner­halb der Gren­zen des Zufrieden­stel­len­den. Nicht die Suche nach der per­fek­ten Lösung, son­dern die Akzep­tanz ver­schieden­er valid­er Optio­nen ist der Schlüs­sel – zumal auch der Prozess der Auswahl und Anpas­sung selb­st einen Wert für Organ­i­sa­tio­nen schafft.

Wenn wir uns an den Entwurf so kom­plex­er Sys­teme wie Städte, Gebäude oder Volk­swirtschaften machen, müssen wir davon Abstand nehmen, Sys­teme schaf­fen zu wollen, die eine hypo­thetis­che Nutzen­funk­tion opti­mieren; wir müssen uns fra­gen, ob Stilun­ter­schiede der erwäh­n­ten Art nicht eher als erwün­schte Vari­anten des Entwurfsvor­gangs zu betra­cht­en sind denn als Alter­na­tiv­en, die mit “bess­er” oder “schlechter” bew­ertet wer­den. Vielfalt inner­halb der Gren­zen des Zufrieden­stel­len­den kann ein Ziel für sich sein, unter anderem weil sie erlaubt, der Suche selb­st eben­so wie ihrem Ergeb­nis einen Wert beizumessen – den Entwurfsvor­gang selb­st als eine Tätigkeit betra­cht­en, die für alle Beteiligten einen Wert besitzt (in: Die Wis­senschaft vom Kün­stlichen).

Eben­so betont Simon die Bedeu­tung von Flex­i­bil­ität als Investi­tion­skri­teri­um: Struk­turen, die mehrfach nutzbar und adap­tier­bar sind, sich­ern ihren Wert gegen unvorherse­hbare Ereignisse. Investi­tio­nen in Wis­sen, das „fun­da­men­tal genug“ ist, nicht sofort obso­let zu wer­den, sind nach­haltiger als kurzfristige Spezial­isierun­gen. Über­tra­gen auf KI bedeutet dies: Unternehmen soll­ten stärk­er in grundle­gende Dat­en- und KI-Kom­pe­ten­zen investieren, statt sich an einzelne Mod­elle oder Plat­tfor­men zu binden.

Die für die Zukun­ft wichti­gen Entschei­dun­gen sind in erster Lin­ie Entschei­dun­gen über Aus­gaben und Erspar­nisse – darüber, wie wir unsere Pro­duk­tion auf gegen­wär­tige und zukün­ftige Befriedi­gun­gen aufteilen sollen. Und beim Sparen zählen wir Flex­i­bil­ität zu den wichti­gen Eigen­schaften der Objek­te unser­er Investi­tio­nen, denn Flex­i­bil­ität ver­sichert den Wert dieser Investi­tio­nen gegen Ereignisse, die zwar mit Sicher­heit ein­tr­e­f­fen wer­den, die wir aber nicht vorher­sagen kön­nen. Der Wun­sch nach Flex­i­bil­ität wird (oder sollte) uns zu Investi­tio­nen in Struk­turen mit mehrfach­er Ver­wend­barkeit dirigieren und zur Investi­tion in ein Wis­sen, das fun­da­men­tal genug ist, um nicht so bald aus der Mode zu kom­men – ein Wis­sen, das selb­st die Grund­lage für eine fort­laufende Adap­tion an die sich verän­dernde Umwelt sein kön­nte (ebd.).

Faz­it

Die Berech­nung der TCO von verteil­ten KI-Sys­te­men ist damit keine rein finanzielle Diszi­plin, son­dern eine strate­gis­che Leit­frage: Wie lassen sich Kosten, Nutzen und Flex­i­bil­ität so aus­tari­eren, dass die Tech­nolo­gie einen mess­baren Beitrag zum Unternehmenser­folg leis­tet – und zwar heute wie mor­gen?

Statt der Jagd nach dem „besten Mod­ell“ geht es darum, zufrieden­stel­lende Lösun­gen zu iden­ti­fizieren, die in einem dynamis­chen Umfeld sta­bil und flex­i­bel genug bleiben. Vielfalt, Mod­u­lar­ität und die Investi­tion in fun­da­men­tales Wis­sen sich­ern nicht nur die Kostenkon­trolle, son­dern auch die Anpas­sungs­fähigkeit an eine Zukun­ft, die sich­er kommt – nur nicht so, wie wir sie vorher­sagen.

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