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Wie entstehen wissenschaftliche Revolutionen? Warum durchlief die KI-Forschung dramatische Wandlungen von symbolischen Systemen zu neuronalen Netzen bis hin zu Multiagentensystemen? Thomas Kuhns bahnbrechende Theorie der Paradigmenwechsel bietet faszinierende Einblicke in die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Dieser Text zeigt, wie Krisen etablierte Denkmuster zerbrechen und neue Eras der Forschung einläuten – und warum die moderne KI möglicherweise Kuhns ursprüngliche Theorie herausfordert.
Thomas Kuhn revolutionierte mit seinem wegweisenden Werk “Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen” unser Verständnis davon, wie Wissenschaft funktioniert und sich entwickelt. Seine zentralen Konzepte des Paradigmas und des Paradigmenwechsels zeigen, dass wissenschaftlicher Fortschritt nicht linear verläuft, sondern durch dramatische Umbrüche geprägt ist, in denen etablierte Denkmuster durch völlig neue Ansätze ersetzt werden.
Ein Paradigma bildet nach Kuhn das fundamentale Gerüst einer wissenschaftlichen Gemeinschaft – es umfasst die grundlegenden Annahmen über die Welt, die bevorzugten Methoden der Forschung und die relevanten Fragestellungen. Solange dieses Paradigma funktioniert, betreiben Wissenschaftler das, was Kuhn “normale Wissenschaft” nennt: Sie lösen Rätsel innerhalb des etablierten Rahmens. Doch wenn Anomalien auftreten – Phänomene, die sich nicht mit dem bestehenden Paradigma erklären lassen –, entstehen Krisen. Diese Krisenphasen können schließlich zu revolutionären Paradigmenwechseln führen, die eine neue Ära der normalen Wissenschaft einleiten.
Paradigmen und Revolutionen in der KI-Forschung
Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz liefert ein faszinierendes Beispiel für Kuhns Theorie in Aktion. Die KI-Forschung hat seit ihren Anfängen mehrere fundamentale Paradigmenwechsel durchlaufen, die jeweils neue Eras mit eigenen Grundannahmen, Methoden und Erfolgsmaßstäben einläuteten.
Das erste große Paradigma war die symbolische KI, die auf der Überzeugung beruhte, dass Intelligenz durch die Manipulation von Symbolen und Regeln erreicht werden kann. Dieses Paradigma dominierte die frühen Jahrzehnte der KI-Forschung und brachte Expertensysteme und logikbasierte Ansätze hervor. Doch als sich die Grenzen dieser Methoden zeigten – insbesondere ihre mangelnde Skalierbarkeit und Unfähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen –, entstanden Anomalien, die das Paradigma in Frage stellten.
Der Übergang zu subsymbolischen Ansätzen, insbesondere zu neuronalen Netzen, markierte einen echten Paradigmenwechsel. Diese neuen Methoden gingen von…