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Hermann Schmitz entwickelte mit seiner “Neuen Phänomenologie” eine Philosophie, die sich gegen die traditionelle Spaltung der Welt in subjektive Innenwelten und eine objektive Außenwelt richtet. Er kritisiert, dass dadurch wesentliche Aspekte der menschlichen Erfahrung, wie der spürbare Leib und die Atmosphären, verloren gehen. Schmitz’ Ansatz zielt darauf ab, diese “Weltspaltung” zu überwinden und eine direktere, leiblich fundierte Erfahrung der Welt zu ermöglichen.
Leiblichkeit und leibliche Regungen
Im Zentrum steht der Begriff des Leibes. Leiblich ist für Schmitz alles, was jemand an sich selbst in der Gegend seines Körpers spüren kann, ohne die klassischen fünf Sinne zu benötigen. Dazu zählen leibliche Regungen wie Schreck, Schmerz, Freude oder Trauer. Diese Regungen werden nicht als bloße Metaphern verstanden, sondern als unmittelbar spürbare Phänomene, die als Engung, Weitung, Spannung oder Schwellung erlebt werden. Das bewusste Leben ist für Schmitz ein ständiges Wechselspiel dieser leiblichen Regungen, die er als “vitalen Antrieb” bezeichnet.
Atmosphären als Halbdinge
Ein zentrales Konzept ist die Auffassung von Gefühlen als Atmosphären. Schmitz sieht Gefühle nicht als rein subjektive Zustände, sondern als räumlich ergossene, leiblich spürbare Atmosphären, die sich wie eine “Stimmung” im Raum ausbreiten und Menschen ergreifen können. Atmosphären sind für ihn sogenannte Halbdinge – sie sind real und können von mehreren Menschen wahrgenommen werden, sind aber keine greifbaren Objekte. Beispiele für Halbdinge sind auch Wind, Melodien oder Blicke. Sie wirken als Einflüsse auf den Leib, ohne ein konkretes Gegenüber zu sein.
Gefühle als atmosphärische Mächte
Schmitz unterscheidet zwischen dem Gefühl (als atmosphärische Macht) und dem Fühlen (als individuelle Stellungnahme dazu). Gefühle wie Zorn, Freude oder Trauer sind für ihn Atmosphären, die den Menschen ergreifen und erst im Nachhinein bewertet oder reflektiert werden. Diese Atmosphären können kollektiv erlebt werden und sind nicht an einzelne Subjekte gebunden.
Räumlichkeit und Intersubjektivität
Atmosphären besitzen für Schmitz eine eigene Räumlichkeit, die über den geometrischen Raum hinausgeht. Sie sind als “Weite” oder “Dichte” spürbar und können unabhängig von einzelnen Personen existieren. Dadurch sind sie auch intersubjektiv erfahrbar – mehrere Menschen können von derselben Atmosphäre ergriffen werden, etwa in einer Menschenmenge, bei Musik oder in bestimmten Landschaften.
Relevanz und Anwendung
Die Theorie der Atmosphären hat weitreichende Bedeutung, etwa in der Architektur, Psychologie, Pädagogik und sogar in der Unternehmensführung. Schmitz betont, dass die Gestaltung von Atmosphären entscheidend für das Erleben und Handeln von Menschen ist, sowohl individuell als auch kollektiv.
Kernpunkte zusammengefasst:
- Schmitz’ Philosophie zielt auf die Überwindung der Trennung von Innen und Außen ab.
- Gefühle sind für ihn leiblich spürbare, räumlich ausgedehnte Atmosphären (Halbdinge).
- Atmosphären sind nicht subjektiv, sondern können intersubjektiv erfahren werden.
- Leibliche Regungen wie Freude oder Angst sind zentrale Phänomene der menschlichen Erfahrung.
Die Theorie der Atmosphären eröffnet neue Perspektiven für das Verständnis von Gefühlen, Gemeinschaft und Raum.
Inwieweit passen Technische Objekte wie KI-Agenten und Roboter mit der Neuen Phänomenologie von Hermann Schmitz zusammen?
Technische Objekte wie KI-Agenten und Roboter passen nur sehr begrenzt in die Phänomenologie von Hermann Schmitz. Seine “Neue Phänomenologie” stellt den menschlichen Leib, das unmittelbare leibliche Spüren und die subjektive Betroffenheit ins Zentrum philosophischer Reflexion. Subjektive Tatsachen – etwa Schmerz oder Freude – sind für Schmitz an die leibliche Erfahrung und das persönliche Sichbetroffensein gebunden.
Atmosphären, wie sie Schmitz beschreibt, sind räumlich ergossene, leiblich spürbare Gefühle, die weder rein subjektiv noch objektiv sind, sondern als eigenständige Mächte Menschen und ihre Umgebung erfassen. Sie sind nicht an Objekte oder Subjekte gebunden, sondern existieren als überpersönliche, praeobjektive Phänomene, die Subjekte und Objekte in sich hineinziehen.
Technische Objekte wie KI-Agenten und Roboter verfügen jedoch nicht über einen Leib im Sinne von Schmitz – also kein leibliches Spüren, keine primitive oder entfaltete Gegenwart, kein subjektives Betroffensein. Sie kön…