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Wie entstehen gesellschaftliche Institutionen, und wie bewähren sie sich in Zeiten radikalen technologischen Wandels? Diese Frage gewinnt besondere Brisanz, wenn traditionelle Akteure wie Regionalbanken mit den Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz konfrontiert werden. Günter Dux’ historisch-genetische Gesellschaftstheorie bietet einen ungewöhnlichen, aber erhellenden Zugang zu diesem Spannungsfeld: Sie erklärt nicht nur, wie aus der biologischen Natur des Menschen komplexe soziale Sinnstrukturen entstehen, sondern ermöglicht auch ein tieferes Verständnis dafür, warum manche Institutionen den Sprung ins digitale Zeitalter schaffen – und andere nicht.
Der folgende Text unternimmt den Versuch, Dux’ theoretischen Rahmen auf die konkrete Rolle von Regionalbanken im Zeitalter der KI anzuwenden. Dabei zeigt sich, dass die scheinbar abstrakte Frage nach der Genese des Sozialen durchaus praktische Relevanz besitzt: Sie hilft zu verstehen, unter welchen Bedingungen lokale Institutionen als Vermittler zwischen globaler Technik und regionalen Gemeinschaften fungieren können – und wo die Grenzen algorithmischer Intelligenz im Vergleich zu genuiner menschlicher Sinnbildung liegen.
Günter Dux’ Gesellschaftstheorie: Von der Genese des Sozialen zur Rolle der Technik
Die historisch-genetische Theorie der Gesellschaft
Günter Dux entwickelte eine umfassende Theorie, die die Entstehung und Entwicklung sozialer Ordnungen aus der menschlichen Natur heraus erklärt. Seine historisch-genetische Gesellschaftstheorie verbindet anthropologische, soziologische und erkenntnistheoretische Ansätze zu einem kohärenten Gesamtbild gesellschaftlicher Entwicklung. Dabei geht es Dux um die fundamentale Frage, wie aus der ursprünglich sinnfreien biologisch-anthropologischen Ausgangslage die sinnhaft-intentionale soziokulturelle Lebensweise des Menschen entstehen konnte.
Die Antwort findet Dux in der Konstitutionstheorie des Sozialen, die untersucht, wie Bewusstsein, Sinn und Kultur in direktem Anschluss an die natürlichen Bedingungen menschlicher Existenz entstehen. Dabei knüpft er an Jean Piagets genetische Epistemologie an, erweitert diese jedoch entscheidend um die sozialen Dimensionen der Kognitionsentwicklung. Die kognitive und emotionale Entwicklung des Individuums wird wesentlich vom sozialen Umfeld geprägt und strukturiert – die sozialen Bedingungen des Aufwachsens gehen unmittelbar in die kognitiven Strukturen des Individuums ein.
Die Dialektik von individueller und gesellschaftlicher Entwicklung
Dux unterscheidet zwei eng miteinander verwobene Entwicklungsebenen: Auf der gesellschaftlichen Ebene entstehen Lebensformen durch die erworbenen kognitiven Kompetenzen in der Auseinandersetzung mit der Umwelt. Auf der kognitiven Ebene werden die mentalen Strukturen auf Grundlage der bereits gesellschaftlich entwickelten Lebensformen weiterentwickelt. Diese Wechselwirkung erzeugt eine prozessuale Logik im kulturellen Wandel, die alle Gesellschaften und Kulturen erfasst.
Um diese Entwicklungslogik zu verstehen, fordert Dux, die Geschichte der Sozialwelt “von hinten zu lesen” – ausgehend von den modernen säkularen Gesellschaften rückblickend zu untersuchen, wie frühere Organisationsformen als notwendige Entwicklungsschritte zu begreifen sind. Diese Herangehensweise ermöglicht es, die Evolution der Sozialwelt aus der Entwicklung der menschlichen Lebensform heraus zu verstehen und dabei sowohl die Universalität der Entwicklungslogi…