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Die Idee von MulÂtiÂaÂgenÂtenÂsysÂteÂmen, die in der Lage sind, gemeinÂschaftlich komÂplexe AufÂgabenÂstelÂlunÂgen zu erlediÂgen, existiert schon seit JahrzehnÂten. BisÂlang waren die HĂĽrÂden jedoch zu hoch. Die SysÂteme und ihre RouÂtiÂnen wurÂden fĂĽr besÂtimmte AnwenÂdungsÂfälle entÂworÂfen und proÂgramÂmiert. Dadurch konÂnten sie nicht oder nur mit starkÂer Verzögerung auf sich ändernde AnforderunÂgen und UmweltbeÂdinÂgunÂgen reagieren. Hinzu kam, dass die ZusamÂmeÂnarÂbeit mehrerer AgenÂten ĂĽber UnternehmensgrenÂzen hinÂweg ein SicherÂheitÂsprobÂlem darstellte. ArchitekÂtuÂranÂsätze wie SOA und die VerÂbreÂitung des CloudÂcomÂputÂing lieĂźen die HoffÂnung aufkeimen, dass die BeschränkunÂgen schon bald Geschichte seien. Es war jedoch noch ein weitÂer Weg, bis die ersten praxÂisÂtauglichen FrameÂworks fĂĽr die ErstelÂlung von MAS am Markt verÂfĂĽgÂbar waren.
EinÂsatzfelder von MAS
Die VerÂnetÂzung in der Wirtschaft hat in den verÂganÂgenen Jahren stark zugenomÂmen. Die LeisÂtungserÂstelÂlung volÂlzieht sich immer häuÂfiger in WertschöpÂfungsnetÂzwÂerken, die ĂĽber die ganze Welt verteilt sein könÂnen. JedÂer Akteur ĂĽbernÂimmt dabei besÂtimmte, klar definierte AufÂgaben. DenÂnoch könÂnen sich die AufÂgabenÂstelÂlunÂgen ebenÂso wie die UmweltbeÂdinÂgunÂgen rasch ändern und eine schnelle ReakÂtion erfordern. ParÂalÂlel dazu ist die KomÂplexÂität der interÂnen LeisÂtungserÂstelÂlung ebenÂfalls gestiegen. Der FachkräfteÂmanÂgel zwingt zu der Suche nach Wegen, die ArbeitÂsproÂdukÂtivÂität zu erhöhen, zuminÂdÂest aber auf dem aktuellen Niveau beizubeÂhalÂten.
BereÂits vor mehr als zwanzig Jahren nanÂnte einÂer der VorÂdenker der MulÂtiÂaÂgenÂtenÂsysÂteme, Jacques FerÂber, sechs GrĂĽnde, die fĂĽr die Notwendigkeit verteilÂter KĂĽnÂstlichÂer IntelÂliÂgenz und damit von MAS sprechen:
- ProbÂleme sind physisch verteilt.
- ProbÂleme sind in funkÂtionaler HinÂsicht verteilt und hetÂeroÂgen.
- NetÂzwÂerke zwinÂgen uns zu einÂer verteilÂten Sichtweise.
- Die KomÂplexÂität der ProbÂleme erzwingt lokale PerÂspekÂtivÂen.
- SysÂteme mĂĽssen in der Lage sein, sich an VeränÂderunÂgen der AufÂgabenÂstrukÂtur und der Umwelt anzuÂpassen.
- SoftÂware-EngiÂneerÂing tendiert zu ArchitekÂturen, die auf autonomen, interÂagierenÂden EinÂheitÂen basieren.
Quelle: MulitaÂgenÂtenÂsysÂteme. Eine EinÂfĂĽhrung in der verteilte KĂĽnÂstliche IntelÂliÂgenz von Jacques FerÂber
Vorstufen
Ein wichtiger Schritt in RichÂtung MAS war die EinÂfĂĽhrung der RobotÂic Process AutomaÂtion (RPA). In der ersten Phase der RobotÂic Process AutomaÂtion wurÂden TätigkeitÂen, wie Dateneingaben, mit hohem WiederÂholÂungsÂgrad und geringer KomÂplexÂität automaÂtisiert. Die strateÂgisÂche Ebene, d.h. die ProzesÂsautomaÂtion mitÂtels APIs, blieb, so August-WilÂhelm Scheer im Gespräch mit KI-AgenÂten, davon jedoch weitÂgeÂhend unberĂĽhrt. EbenÂso war die Logik zwisÂchen den unterÂschiedlichen SysÂteÂmen, die per API angesÂteuert werÂden sollÂten, unbekanÂnt. Aus unterÂschiedlichen RichÂtunÂgen haben sich die HerÂsteller von LösunÂgen fĂĽr die RobotÂic Process AutomaÂtion, von API-KonÂnekÂtoren und WorkÂflow-ManÂageÂment-SysÂteÂmen angenähert. Aber auch dann bleibt als zenÂtrale AufÂgabe die InteÂgraÂtion der Prozesse, APIs und WorkÂflow-ManÂageÂment-SysÂteme. HierÂfĂĽr steÂhen mitÂtlerÂweile verÂschiedene No- und Low-Code — InteÂgraÂtionsplatÂtforÂmen zur VerÂfĂĽÂgung. Scheer betont gegenĂĽber KI-AgenÂten, dass die EinÂfĂĽhrung schritÂtweise und nicht mit einem Schlag erfolÂgen wird.
GenÂerÂaÂtive KI als Game ChangÂer
Trotz der genanÂnten EntwickÂlunÂgen hat sich die Lage fĂĽr MAS erst mit dem AufkomÂmen der GenÂerÂaÂtivÂen KI deutÂlich gewanÂdelt. Auf GenÂerÂaÂtive KI basierende BibÂlioÂtheken und FrameÂworks, wie Microsoft AutoÂGen, Jarvis/Hugging Face, MetaGÂPT, LangÂGraph und LangChain, ermöglichen es, praxÂisÂtaugliche MulÂtiÂaÂgenÂtenÂsysÂteme (MAS) zu entwickÂeln.
Wenn AgenÂtenÂsysÂteme auf der GrundÂlage von BasisÂmodÂellen (die auf extrem groĂźen und vielfältiÂgen unstrukÂturiÂerten DatenÂsätzen trainiert wurÂden) und nicht auf der GrundÂlage vordefiniertÂer Regeln aufgeÂbaut werÂden, haben sie das PotenÂzial, sich an unterÂschiedliche SzenarÂien anzuÂpassen, so wie LLMs auf AufÂforderunÂgen, auf die sie nicht explizÂit trainiert wurÂden, intelÂliÂgent reagieren könÂnen. DarĂĽber hinÂaus könÂnte ein menÂschlichÂer Benutzer ein KI-gestĂĽtztes AgenÂtenÂsysÂtem mit HilÂfe natĂĽrÂlichÂer Sprache statt mit ProÂgramÂmierÂcode anweisen, einen komÂplexÂen Arbeitsablauf auszufĂĽhren. Ein MulÂtiÂaÂgenÂtenÂsysÂtem könÂnte dann diesen Arbeitsablauf interÂpretieren und in umsetÂzbare AufÂgaben organÂisieren, spezialÂisierten AgenÂten Arbeit zuweisen, diese verÂfeinÂerten AufÂgaben unter VerÂwenÂdung eines digÂiÂtalÂen Ă–kosysÂtems von WerkzeuÂgen ausÂfĂĽhren und mit anderen AgenÂten und MenÂschen zusamÂmeÂnarÂbeitÂen, um die QualÂität seinÂer AktioÂnen iterÂaÂtiv zu verbessern (in: Why agents are the next fronÂtier of genÂerÂaÂtive AI).
MAS in der SoftÂwaÂreenÂtwickÂlung
MulÂtiÂaÂgenÂtenÂsysÂteme könÂnten bei der ProÂgramÂmierung und AusÂfĂĽhrung von SoftÂwareÂcodes eingeÂsetÂzt werÂden. ERP-SysÂteme wie SAP werÂden mit einem ganzen BĂĽnÂdel an vorkonÂfigÂuriÂerten Prozessen ausÂgeliefert. Das, so August-WilÂhelm Scheer, fĂĽhrt zwangsläuÂfig zu einÂer hohen KomÂplexÂität und gerinÂgen FlexÂiÂbilÂität. Beim Einkauf beispielÂsweise mĂĽssen alle VariÂanten, die auftreten könÂnen, vorgeÂhalÂten werÂden. Sollte denÂnoch eine noch nicht abgeÂbildete VariÂante aufÂtauchen, muss diese von SAP-Beratern impleÂmenÂtiert (“CusÂtomized”) werÂden. Wie wäre es nun, wenn AgenÂten SoftÂwareÂcode bei Bedarf (On demand) erstellen und ausÂfĂĽhren? Neue Prozesse bzw. VariÂanten lassen sich so ad hoc impleÂmenÂtieren. Typen werÂden durch AgenÂten ersetÂzt.