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Jahrzehn­te­lang gal­ten Pro­gram­mier­er als die unan­greif­baren Architek­ten der dig­i­tal­en Zukun­ft. Doch nun wen­det sich das Blatt: Kün­stliche Intel­li­genz übern­immt zunehmend das Pro­gram­mieren selb­st – und die Schöpfer der dig­i­tal­en Rev­o­lu­tion wer­den zu ihren ersten Opfern. Die Arbeit­slosen­zahlen sprechen eine deut­liche Sprache.


Es ist eine Ironie der Geschichte, die an griechis­che Tragö­di­en erin­nert: Jene Beruf­s­gruppe, die maßge­blich an der Entwick­lung kün­stlich­er Intel­li­genz beteiligt war, wird nun selb­st von ihrer Schöp­fung ver­drängt. Die nüchter­nen Zahlen des öster­re­ichis­chen Arbeits­mark­t­ser­vice zeich­nen ein ein­dringlich­es Bild dieser Zeit­en­wende: Seit 2019 ist die Arbeit­slosigkeit unter Pro­gram­mier­ern um erschreck­ende 85,6 Prozent gestiegen. Die Arbeit­slosen­quote in der IT-Branche klet­terte im sel­ben Zeitraum von 3,9 auf 5,5 Prozent – eine Entwick­lung, die noch vor weni­gen Jahren undenkbar schien1Die Zahl arbeit­slos­er Pro­gram­mier­er hat sich beina­he ver­dop­pelt.

Der Wen­depunkt lässt sich präzise datieren: Mit der Ein­führung von Chat­G­PT Ende 2022 begann eine Dis­rup­tion, die selb­st hart­ge­sot­tene Tech­nolo­gieop­ti­mis­ten über­raschte. Was einst Stun­den oder Tage an müh­samer Pro­gram­mier­ar­beit erforderte, erledi­gen KI-Sys­teme heute in Minuten. „Mith­il­fe von Chat­G­PT gelingt das inzwis­chen in kürzester Zeit”, bringt Lukas Görög, Leit­er der Akademie für KI und Dig­i­tal­isierung, die neue Real­ität auf den Punkt. Seine Worte klin­gen sach­lich, doch dahin­ter ver­birgt sich eine Rev­o­lu­tion, die ganze Kar­ri­erewege obso­let macht.

Die Entwick­lung beschle­u­nigt sich dabei in atem­ber­auben­dem Tem­po. Unternehmen wie Anthrop­ic treiben die Automa­tisierung mit Sys­te­men wie Claude Son­net 4.5 auf neue Höhen: Soft­ware, die 30 Stun­den autonom pro­gram­mieren kann und dabei nicht nur funk­tion­ieren­den Code pro­duziert, son­dern auch poten­zielle Sicher­heit­slück­en iden­ti­fiziert. Was hier entste­ht, ist mehr als ein Werkzeug – es ist ein dig­i­taler Kol­lege, der wed­er Pausen braucht noch Gehalt fordert.

Und genau hier offen­bart sich die ökonomis­che Logik hin­ter dieser Trans­for­ma­tion. Pro­gram­mier­er gehörten lange zu den Spitzen­ver­di­enern der Wis­sens­ge­sellschaft, ihre Exper­tise war rar und entsprechend teuer. Doch wenn KI-Lösun­gen diesel­ben Auf­gaben schneller, fehler­freier und zu Bruchteilkosten erledi­gen, gerät dieses Gehaltsmod­ell unter mas­siv­en Druck. Unternehmen ste­hen nicht mehr vor der Frage, ob sie KI ein­set­zen sollen, son­dern nur noch, wie schnell sie den Über­gang vol­lziehen kön­nen.

Beson­ders betrof­fen sind dabei jene Pro­gram­mier­er, die sich auf stan­dar­d­isierte, repet­i­tive Auf­gaben spezial­isiert haben – genau jene Tätigkeit­en, die KI-Sys­teme am effizien­testen übernehmen kön­nen. Die gold­e­nen Zeit­en, in denen bere­its Grund­ken­nt­nisse in Weben­twick­lung oder Daten­bankman­age­ment gut bezahlte Posi­tio­nen garantierten, scheinen endgültig vor­bei. Die Branche sortiert sich neu, und dabei fall­en viele durchs Raster.

Dies ist kein öster­re­ichis­ches Phänomen, son­dern ein glob­aler Trend. Von Sil­i­con Val­ley bis Ban­ga­lore zeigen sich ähn­liche Muster: Die IT-Arbeit­slosigkeit steigt par­al­lel zur Ver­bre­itung gen­er­a­tiv­er KI-Sys­teme. Was wir erleben, ist möglicher­weise erst der Anfang ein­er umfassenderen Umwälzung des Arbeits­mark­tes – denn wenn selb­st hochqual­i­fizierte Wis­sensar­beit­er erset­zbar wer­den, welche Beruf­s­gruppe kann sich dann noch sich­er fühlen?

Die Frage, die sich nun stellt, ist nicht mehr, ob diese Entwick­lung gestoppt wer­den kann – dafür ist der Zug längst abge­fahren. Vielmehr geht es darum, wie Gesellschaft, Bil­dungssys­tem und Poli­tik auf diese Dis­rup­tion reagieren. Benöti­gen wir neue For­men der Umschu­lung? Müssen Pro­gram­mier­er sich zu KI-Train­ern und ‑Überwach­ern neu erfind­en? Oder ste­hen wir vor einem grund­sät­zlicheren Wan­del unseres Ver­ständ­niss­es von Arbeit und Wertschöp­fung?

Die Pro­gram­mier­er, die einst als Gestal­ter der dig­i­tal­en Zukun­ft gal­ten, sind nun selb­st zum Test­fall gewor­den – für eine Zukun­ft, in der men­schliche Exper­tise nicht mehr automa­tisch ökonomis­chen Wert garantiert. Ihre Geschichte ist eine War­nung und zugle­ich ein Vorgeschmack auf das, was anderen Branchen noch bevorste­ht. Die KI-Rev­o­lu­tion hat begonnen, ihre eige­nen Kinder zu fressen. Und sie hat ger­ade erst ange­fan­gen.

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