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Mit der Eliza-Plattform und Gemini Enterprise vollzieht BNY den Schritt vom KI-Assistenten zur bankweiten Automatisierungsschicht. Das Signal an die Branche ist unmissverständlich: Wer diesen Umbau nicht nachvollzieht, wird strukturell zurückfallen.
Die jüngste Ankündigung von BNY markiert einen qualitativen Sprung in der strategischen Positionierung von Künstlicher Intelligenz im Bankensektor1BNY raises the IQ of AI enteprise platform Eliza with Google Cloud. Die Botschaft ist klar: Der isolierte Copilot, der einzelne Aufgaben unterstützt, weicht einer agentischen Plattform, die ganze Wissens- und Prozessketten automatisiert.
Mit Eliza und der Integration von Gemini Enterprise entsteht faktisch eine bankweite AI-Operating-Schicht, auf der Mitarbeiter eigenständig Agenten entwickeln können. Diese Agenten kombinieren Research, Dokumentensichtung und Datenabfragen zu automatisierten Workflows und beschleunigen damit erhebliche Teile der Wissensarbeit. Dass nahezu die gesamte Belegschaft KI-geschult ist und bereits über 110 Lösungen produktiv laufen, zeigt: Dies ist kein Pilot-Theater mehr, sondern eine echte Skalierungsphase.
Technologisch bringt die Gemini-Enterprise-Integration multimodale Fähigkeiten direkt an die Front der Analyse und des Reportings. Text, strukturierte Daten und teilweise auch Video lassen sich nun in einem einheitlichen Framework verarbeiten. Allerdings verstärkt diese Architektur die Bindung an Google Cloud erheblich. Was einerseits Zugang zu technologischen Spitzenmodellen sichert, erzeugt andererseits eine wachsende Vendor-Lock-in-Abhängigkeit, deren langfristige Kosten noch nicht absehbar sind.
Die beschriebenen Anwendungsfälle treffen präzise die Analysten-Mittelschicht. Automatisierte Auswertung von Finanzberichten, historische Trendanalysen, Routine-Backoffice-Tasks: Vieles, was bislang Junior-Analysten und der Mittelbau erledigten, wird zur Orchestrierungsaufgabe über Agenten.
Wenn die gesamte Belegschaft KI-befähigt ist, bedeutet das in der Konsequenz: Die Produktivität der High Performer steigt, während der Bedarf an klassischer, repetitiver Wissensarbeit sinkt. Die Arbeitsteilung im Finanzsektor wird sich fundamental verschieben — die Zahl der benötigten Mitarbeiter verringert sich entsprechend.
Governance-seitig birgt der Ansatz erhebliche Risiken. Dass grundsätzlich jeder Mitarbeiter Agenten bauen kann, klingt demokratisch, ist aber heikel. Ohne strikte Guardrails drohen Shadow-Workflows, Modell-Missbrauch oder fehlerhafte Analysen mit großem Hebel. BNY betont die nahtlose und sichere Integration von Datenquellen, was impliziert, dass massiv in Data Governance, Zugriffsschichten und Auditability investiert werden muss. Andernfalls skaliert man nicht nur Effizienz, sondern auch operationelles und Reputationsrisiko.
In der Makroperspektive zeigt der Fall BNY, dass Großbanken Künstliche Intelligenz inzwischen wie Infrastruktur behandeln, nicht wie ein Feature. Die Formel „AI for everyone, everywhere and everything” ist im Kern ein neues Organisationsprinzip. Für Wettbewerber hat das weitreichende Implikationen: Wer kein vergleichbares agentisches Plattformmodell aufsetzt, inklusive der systematischen Befähigung der gesamten Belegschaft, wird in Research-Geschwindigkeit, Produktentwicklung und Kostenstruktur kaum mithalten können. Die agentische Wende ist keine Option mehr, sondern wird zur Eintrittsvoraussetzung.
