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Von Ralf Keu­per

Seit ger­aumer Zeit wird darüber gerät­selt, warum die Arbeit­spro­duk­tiv­ität in Deutsch­land stag­niert. Ein wesentlich­er Grund dafür ist, dass die Pro­duk­tiv­ität in der Fer­ti­gungsin­dus­trie inzwis­chen aus­gereizt ist, während sie im stetig wach­senden Dien­stleis­tungssek­tor ger­ing ist. Das bet­rifft vor allem die sog. nicht han­del­baren Dien­stleis­tun­gen wie im Staat, im Gesund­heitswe­sen, im Handw­erk, in der Bil­dung und im Bauwe­sen, wo der Pro­duk­tiv­ität­srück­stand sig­nifikant ist. Erschw­erend kommt hinzu, dass die nicht-han­del­baren Dien­stleis­tun­gen für fast 80 Prozent der Gesamtbeschäf­ti­gung in den sog. entwick­el­ten Volk­swirtschaften ste­hen.

Nicht-han­del­bare Dien­stleis­tun­gen

Nicht-han­del­bare Dien­stleis­tun­gen sind Dien­stleis­tun­gen, die auf­grund ihrer Natur nicht über große Ent­fer­nun­gen gehan­delt oder exportiert wer­den kön­nen. Sie erfordern in der Regel die physis­che Anwe­sen­heit des Dien­stleis­ters und/oder des Kun­den am Ort der Leis­tungser­bringung.

Beispiele hier­für sind Tätigkeit­en wie Friseurleis­tun­gen, ärztliche Behand­lun­gen oder Bauar­beit­en, die lokal und orts­ge­bun­den aus­ge­führt wer­den müssen. Diese Dien­stleis­tun­gen zeich­nen sich durch fol­gende Merk­male aus:

  • Nicht­trans­port­fähigkeit: Die Leis­tung kann nicht physisch an andere Orte gebracht wer­den.
  • Orts­ge­bun­den­heit: Die Erbringung ist räum­lich und zeitlich an den Anbi­eter gebun­den.
  • Per­so­n­en­be­zo­gene Inter­ak­tion: Oft ist eine direk­te Inter­ak­tion zwis­chen Anbi­eter und Kunde erforder­lich

Ehe­mals fer­ti­gungsin­ten­sive Län­der wie Deutsch­land und Japan ste­hen vor dem Prob­lem, dass sie ihr wirtschaftlich­es Wach­s­tum nicht mehr durch steigende Pro­duk­tiv­ität im Fer­ti­gungssek­tor aufrechter­hal­ten kön­nen. Die drin­gend­ste soziale Her­aus­forderung für die hoch entwick­el­ten Län­der sei daher, so Peter F. Druck­er vor eini­gen Jahrzehn­ten, mehr Pro­duk­tiv­ität bei den Dien­stleis­tun­gen zu erre­ichen — ins­beson­dere bei den nicht-han­del­baren Dien­stleis­tun­gen1Vgl. dazu: Dien­stleis­ter müssen wieder mehr in ihre Mitar­beit­er investieren.

Die Autoren von Per­ma­cri­sis. Wie wir dem Teufel­skreis aus Krisen, Kriegen und Katas­tropen entkom­men, Gor­don Brown (ehe­ma­liger Schatz- und Pre­mier­min­is­ter Großbri­tan­niens), Mohamed A. El Erian (ehe­ma­liger Chef von Pim­co und heute Chief Eco­nom­ic Advi­sor der Allianz) und Michael Spence (Wirtschaft­sno­bel­preisträger) set­zen einige Hoff­nung in KI-Assis­ten­ten und KI-Agen­ten.

Wie bei den frühen dig­i­tal­en Tech­nolo­gien wer­den wir eine Kom­bi­na­tion aus Automa­tisierung und Steigerung erleben. Wenn man bes­timmte Arbeit­sauf­gaben mit dig­i­taler Tech­nolo­gie automa­tisiert, dann sieht es im Nach­hinein so aus, als ob die Men­schen pro­duk­tiv­er sind, wenn sie mit dig­i­tal­en Assis­ten­ten arbeit­en, was sie wie eine plau­si­ble Beschrei­bung von Pro­duk­tiv­itätssteigerun­gen anhört. Bei eini­gen Arbeit­splätzen kön­nen so viele Auf­gaben automa­tisiert wer­den, dass der Arbeit­splatz tat­säch­lich ver­schwindet, aber das sind wohl eher Aus­nah­men.

Allerd­ings:

Kön­nte der Pro­duk­tiv­itätss­chub so groß sein, dass wir weniger Men­schen brauchen, um die Nach­frage in ver­schiede­nen Sek­toren zu deck­en? Auch das ist möglich, aber es dauert seine Zeit, bis sich die höhere Pro­duk­tiv­ität in höheren Einkom­men und ein­er höheren Nach­frage nieder­schlägt. Aber wenn die Nach­frage aufholt, gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass der Bedarf an Arbeit­skräften und Humankap­i­tal in allen Wirtschaftssek­toren unverän­dert bleiben wird. Ein kom­plex­er und unan­genehmer Über­gang scheint wahrschein­lich, ähn­lich wie der dig­i­tale Tech­nolo­giewan­del, den wir seit ein paar Jahrzehn­ten erleben. Die KI-Rev­o­lu­tion geht noch darüber hin­aus – mit einem größeren wirtschaftlichen Fußab­druck, ins­beson­dere in der wis­sens­basierten Wirtschaft und den Angestell­tenbere­ichen der Arbeitswelt. Ein kon­tinuier­lich­er Prozess der Qual­i­fika­tion­san­pas­sung und des Erwerbs neuer Qual­i­fika­tio­nen wird Teil des Über­gangs sein. Und es wird natür­lich Gewin­ner und Ver­lier­er geben.

Das aktuelle Dilem­ma beste­ht darin, dass die Unternehmen eigentlich hohe Vor­a­bin­vesti­tio­nen in dig­i­tale Tech­nolo­gien täti­gen müssten, während gle­ichzeit­ig die Unsicher­heit über deren konkreten Nutzen bleibt. Viele Unternehmen erken­nen das Poten­zial dig­i­taler Lösun­gen, wis­sen jedoch oft nicht, wie sie diese effek­tiv imple­men­tieren kön­nen.

In der Gas­tronomie gibt es hierzu­lande bere­its einige Beispiele, wie sich die Pro­duk­tiv­ität durch Robot­er erhöhen lässt2Vgl. dazu: Our Robot­ics Future.

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