Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Finanzbranche führt zu einem tiefgreifenden Wandel, der schneller und umfassender voranschreitet als bisher angenommen. Laut Bloomberg Intelligence könnten Banken in den nächsten fünf Jahren weltweit bis zu 200.000 Arbeitsplätze abbauen. Die Hauptgründe dafür sind die zunehmende Automatisierung von Prozessen und die damit verbundenen Kostenvorteile für die Banken12.
Besonders betroffen sind Back- und Middle-Office-Bereiche, wo standardisierte Aufgaben wie Datenverwaltung, Risikoanalyse und Transaktionsbearbeitung leicht automatisiert werden können. Im Durchschnitt rechnen Banken mit einem Stellenabbau von 3%, wobei ein Viertel der befragten Führungskräfte sogar Einschnitte von bis zu 10% erwartet. Berufseinsteiger könnten besonders stark betroffen sein, da KI bereits in der Lage ist, Aufgaben von Junior-Analysten zu übernehmen.
Die wirtschaftlichen Anreize für den Einsatz von KI sind beträchtlich. Banken erwarten nicht nur Kosteneinsparungen, sondern auch deutlich höhere Gewinne. Bloomberg Intelligence schätzt, dass die Vorsteuergewinne der Branche bis 2027 um bis zu 17% steigen könnten, was einem zusätzlichen Ertrag von bis zu 180 Milliarden US-Dollar entspricht.
KI verändert dabei nicht nur, welche Tätigkeiten automatisiert werden, sondern auch wie menschliche Arbeitskraft genutzt wird. Neue Aufgabenfelder entstehen, beispielsweise in der Überwachung von KI-Systemen und der Entwicklung von Strategien für deren Einsatz. Für Beschäftigte steigen die Anforderungen: Neben wirtschaftlichem Fachwissen werden technische Kompetenzen, Statistik und Datenanalyse immer wichtiger.
Laut einem Bericht von Citigroup könnten bis zu 54% aller Tätigkeiten im Bankwesen theoretisch automatisiert werden. Der Einsatz von KI markiert eine neue Stufe des Wandels in der Finanzbranche, der bereits nach der Finanzkrise 2008 begann. Trotz der Effizienzsteigerungen und Gewinnaussichten für Banken könnte diese Entwicklung langfristig dazu führen, dass menschliche Arbeitskraft in der Finanzwelt weniger relevant wird.
Die Schätzungen von Bloomberg und Citibank sind m.E. noch konservativ, d.h. die Quote der Arbeitsplätze, die von KI-Agenten (wozu auch Roboter zählen) und durch agentenbasierte Automatisierung übernommen werden (können), dürfte bei 80 bis 90 Prozent liegen. Mit der fortschreitenden Entwicklung im Bereich der Verteilten Künstlichen Intelligenz rückt die Vision des Bankless Banking, wie sie Heinrich Fendt im Jahr 2010 für das Jahr 2030 beschrieben hat, in greifbare Nähe.
Vor einigen Jahren kamen verschiedene Studie zum dem Ergebnis, dass das Substituionspotenzial in der Bankenbranche bei 70 bis 88 Prozent liege3. Zwar entstehen andererseits auch wieder neue Jobs. Diese sind in der Zahl jedoch deutlich geringer und erfordern ganz andere berufliche Fertigkeiten, wie sie heute in den Banken vorausgesetzt werden.
Zuerst erschienen auf Bankstil
- Wie Banken im KI-Rausch auf gutem Weg sind, massiv Jobs zu streichen[↩]
- AI threatens as many as 200,000 jobs in global banks — Bloomberg[↩]
- 88% Substituierungspotenzial in der Finanzbranche?[↩]