Zur Ökonomie orchestrierter KI-Systeme in der Softwareentwicklung
I. Die nächste Substitutionswelle
Als GitHub Copilot 2021 vorgestellt wurde, sprach man von Augmentation: Der Entwickler bleibt Dirigent, die KI liefert Vorschläge. Drei Jahre später verschiebt sich die Rhetorik. Plattformen wie Zenflow von Zencoder versprechen nicht mehr Unterstützung des Einzelnen, sondern die Orchestrierung ganzer Entwicklungsprozesse.
Das Wort „Agent” hat dabei eine bemerkenswerte Karriere hinter sich – vom philosophischen Begriff für handlungsfähige Wesen zum technischen Terminus für autonome Software-Einheiten, die planen, ausführen und sich korrigieren.
Die Verschiebung ist keine graduelle Verbesserung, sondern ein kategorialer Sprung. Wo bisher einzelne Codezeilen vorgeschlagen wurden, koordinieren Orchestrierungsschichten nun spezialisierte Agenten für Planung, Implementierung, Test und Verifikation. Das Map-Reduce-Produce-Muster, das Zenflow verwendet, erinnert nicht zufällig an industrielle Produktionslogik: Aufgaben werden zerlegt, parallel bearbeitet, synthetisiert und als „verifizierte Ergebnisse” ausgeliefert. Die Softwareentwicklung wird vom Handwerk zum standardisierbaren Prozess1Zencoder drops Zenflow, a free AI orchestration tool that pits Claude against OpenAI’s models to catch coding errors.
Das Versprechen klingt bestechend: Statt eines einzelnen, mit allem überforderten Agenten übernehmen spezialisierte Einheiten jeweils Teilaufgaben. Ein Agent recherchiert, einer analysiert, einer validiert, einer formuliert. Die Analogie zum menschlichen Team liegt nahe, und mit ihr die Hoffnung auf Skalierbarkeit ohne Grenzen. Doch bevor man diese Analogie akzeptiert, muss man die Frage stellen: Trägt die industrielle Logik überhaupt?
II. Die Grenzen der Fabrik-Metapher
Die Übertragung industrieller Produktionslogik auf Multiagentensysteme ist keine bloße Analogie, sondern eine Strukturentscheidung mit weitreichenden Konsequenzen. Sie unterstellt, dass kognitive Arbeit denselben Gesetzmäßigkeiten folgt wie materielle Fertigung. Diese Annahme verdient Prüfung, denn sie enthält fundamentale Trade-Offs, die nicht durch bessere Technik aufgelöst, sondern nur verschoben werden können.
Determinismus gegen Probabilistik. Die industrielle Fabrik funktioniert, weil sie deterministisch ist: Dieselben Inputs erzeugen dieselben Outputs. Diese Wiederholbarkeit ist die Voraussetzung für Qualitätskontrolle, Skalierung und Effizienzsteigerung. Sprachmodelle sind fundamental anders gebaut. Ihre Stärke liegt gerade in der kontrollierten Variabilität – der Fähigkeit, auf ähnliche Anfragen unterschiedlich zu reagieren, Kontext zu interpretieren, Ambiguität produktiv zu handhaben.
Orchestrierungsplattformen versuchen, diese Spa…
