Getting your Trinity Audio player ready...
|
Während Silicon Valley noch in den Kinderschuhen steckte und Amazon gerade ein Jahr alt war, erkannte ein Wirtschaftswissenschaftler bereits die Grundprinzipien der kommenden digitalen Transformation. James Brian Quinn analysierte schon in den 1990er Jahren, wie Software und Servicetechnologien die Weltwirtschaft revolutionieren würden – Jahre bevor Google, Facebook oder Uber überhaupt existierten.
Seine visionären Erkenntnisse zu Verbundeffekten, der Auflösung von Branchengrenzen und der Macht datengetriebener Plattformen lesen sich heute wie eine präzise Blaupause für den Erfolg von Amazon, Apple und Alibaba. Quinn beschrieb bereits 1992, wie traditionelle Industrien durch serviceorientierte Disruptoren zerstört werden würden – eine Prophezeiung, die von Uber bis Airbnb spektakulär eingetreten ist.
Was macht seine Analyse so zeitlos relevant? Und welche seiner noch unerfüllten Vorhersagen könnten die nächste Welle der digitalen Revolution prägen? Eine Spurensuche bei einem der weitsichtigsten Wirtschaftsdenker unserer Zeit.
Die frühe Erkennung des Wandels zur Serviceorientierung
In den USA zeichnete sich die Abkehr von der Produkt- hin zur Serviceorientierung schon vor langer Zeit ab und wurde dort früher zur Kenntnis genommen als anderswo. Beispielhaft für diese Weitsicht steht James Brian Quinns Werk “Intelligent Enterprise” aus dem Jahr 1992, in dem er bereits die fundamentalen Veränderungen der Wirtschaftsstruktur analysierte, die heute allgegenwärtig sind.
Quinn beschrieb den Siegeszug der Serviceindustrie in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg und erkannte, dass Servicetechnologien für den Erfolg der Volkswirtschaften ausschlaggebend sein würden. Seine Analyse war bemerkenswert präzise: Nicht nur die Informationstechnologien, sondern auch die in einem breiten Spektrum entwickelten Dienstleistungstechnologien haben die gesamte Struktur des Wettbewerbs in den USA und weltweit verändert. Diese Dienstleistungstechnologien revolutionierten nicht nur die amerikanische Wirtschaft, sondern entfalteten gleichermaßen ihre transformative Wirkung in allen anderen großen Industrieländern. Der internationale Wettbewerb verlagerte sich dadurch zunehmend in den Dienstleistungssektor, der zur entscheidenden Messlatte für die künftige internationale Wettbewerbsfähigkeit und den Lebensstandard aller Länder wurde.
Die Auflösung traditioneller Branchengrenzen
Die verstärkte Serviceorientierung führte zu einer dramatischen Durchlässigkeit der traditionellen Branchengrenzen. Quinn erkannte, dass die weitverbreitete Durchdringung von Dienstleistungstechnologien die Grenzen aller Branchen praktisch aufhob. Während die Finanzdienstleistungsbranche oft als Paradebeispiel genannt wird, zeigte sich diese Entwicklung besonders deutlich bei Fluggesellschaften, die nicht mehr nur mit anderen Airlines konkurrierten, sondern mit Reisebüros, Reisegruppen, Einzelhändlern, Finanzdienstleistern, Bodentransportunternehmen und Kommunikationsunternehmen in direktem Wettbewerb standen.
Diese von Quinn bereits in den 1990er Jahren beschriebene Entwicklung hat in den vergangenen Jahren durch die Sharing Economy und Plattformökonomie eine neue Dimension erreicht. Anbieter wie Uber und Airbnb sowie Internetgiganten wie Amazon und Google expandieren kontinuierlich ihren Aktionsradius und dringen in immer neue Bereiche vor. Selbst die deutsche Automobilindustrie, traditionell das Zugpferd der deutschen Wirtschaft, gerät zunehmend ins Visier dieser neuen Akteure.
Neue Verbundeffekte als Wettbewerbsvorteil
Quinn identifizierte die neuen Economies of Scope (Verbundeffekte) als entscheidenden Wettbewerbsvorteil, der es Serviceunternehmen ermöglicht, ihre Angebotspalette auf Basis von Daten kontinuierlich auszuweiten. Bei sachgerechter Implementierung schaffen dieselben Technologien, die neue Größenvorteile generieren, oder deren unterstützende Technologien die Möglichkeit für Dienstleistungsunternehmen, ein erheblich breiteres Spektrum an Daten, Ausgabefunktionen und Kunden zu bearbeiten, ohne dass die Kosten signifikant steigen. Bei kompetenter Führung sinken die Stückkosten proportional zur Zunahme von Vielfalt und Flexibilität, während größere Unternehmen ihre Technologieentwicklungs- und Ausrüstungskosten auf eine breitere Aktivitätsbasis verteilen können.
Unternehmen wie Apple, Amazon und Alibaba haben diese neuen Verbundeffekte in den letzten zwei Jahrzehnten in bislang ungekanntem Ausmaß realisiert und damit Quinns theoretische Erkenntnisse…