KI-Agenten statt Standardsoftware?

Veröffentlicht am 18. September 2024 um 11:21

Im Gespräch mit KI-Agenten wies vor einigen Wochen der "Erfinder" von ARIS und Träger der Diesel-Medaille, August-Wilhelm Scheer, darauf hin, dass ERP-Systeme wie SAP mit einem ganzen Bündel an vorkonfigurierten Prozessen ausgeliefert werden. Das führe zwangsläufig zu einer hohen Komplexität und geringen Flexibilität. Beim Einkauf beispielsweise müssen alle Varianten, die auftreten können, vorgehalten werden. Sollte dennoch eine noch nicht abgebildete Variante auftauchen, muss diese von SAP-Beratern implementiert ("Customized") werden.

Wie wäre es nun, wenn Agenten Softwarecode bei Bedarf (On demand) erstellen und ausführen? Neue Prozesse bzw. Varianten lassen sich so ad hoc implementieren. Typen werden durch Agenten ersetzt. Vor mehr als zwanzig Jahren hob Jacques Ferber, einer der Vordenker der Multiagentensysteme, hervor, dass das Software-Engineering zu Architekturen tendiere, die auf autonomen, interagierenden Einheiten basieren. 

Dieser Ansicht scheint man auch bei dem schwedischen Fintech Klarna zu sein. So gab der CEO und Mitbegründer von Klarna, Sebastian Siemiatkowski, in der vergangenen Woche bekannt, dass das Unternehmen Salesforce im Bereich CRM und Workday für den Bereich HR aus seinem Tech-Stack entfernt hat. Das ist jedoch wohl nur der Anfang. So sind weitere Kündigungen von Verträgen mit SaaS-Anbietern geplant. Klarna will die Programme durch eigene, intern entwickelte Anwendungen ersetzen, die auf der Infrastruktur von OpenAI aufgebaut sein sollen. Marktbeobachter zeigen sind indes skeptisch, ob es Klarna gelingen wird, ganz ohne proprietäre Software auszukommen((Klarna Plans to 'Shut Down SaaS Providers' and Replace Them With Internally Built AI. The Tech World Is Pretty Skeptical))

In dem Beitrag “Death of a Salesforce”: Why AI Will Transform the Next Generation of Sales Tech verdeutlichen die Autoren, wie KI die herkömmlichen Systeme und die Vertriebsabläufe verändern wird. 

Anstelle einer textbasierten Datenbank wird der Kern der nächsten Vertriebsplattform multimodal sein (Text, Bild, Sprache, Video) und alle Kundeninformationen aus dem gesamten Unternehmen enthalten. Eine KI-native Plattform wird in der Lage sein, mehr Erkenntnisse über einen Kunden und seine Denkweise zu gewinnen, als wir mit den heutigen Tools jemals zusammensetzen könnten.

Etablierte Unternehmen seien selten in der Lage, ihre Architektur komplett zu überdenken. Sowohl Salesforce als auch Hubspot verdanken ihren Erfolg der Einführung der relationalen Datenbank und später der Cloud. Im Kern geht es bei den Lösungen von Salesforce & Co. darum, eine Übersicht von Verkaufschancen in Zeilen und Spalten mit den zugehörigen Kriterien in Textform zu erstellen. 

Eine Vertriebsplattform, deren Kern von LLMs gebildet wird, kann dagegen völlig unstrukturiert und multimodal sein, einschließlich Text, Bild, Sprache und Video. Die Lösung könnte Daten über bestehende und potenzielle Kunden aus zahllosen Quellen enthalten: Aufzeichnungen und Transkripte von Gesprächen mit einem Mitarbeiter des Unternehmens, E-Mails und Slack-Nachrichten, Materialien zur Verkaufsförderung, Produktnutzung, Aktivitäten des Kundensupports, öffentliche Nachrichten, Finanzberichte usw. . 

Heute werden die Konvertierung von eingehenden Website-Leads und die Automatisierung von ausgehenden Kampagnen als getrennte Aufgaben betrachtet. "Mit KI-Agenten kann ein Tool, das ursprünglich für eine dieser Aufgaben entwickelt wurde, nahtlos auf beide Aufgaben erweitert werden. Es wird nicht lange dauern, bis ein KI-Agent in der Lage ist, die Vertriebspipeline eines Unternehmens über alle Kanäle hinweg zu vergrößern".

Als Beispiele für derartige KI-Agenten und Lösungen werden in dem Beitrag Clay, 11x, naro, Day und people.ai genannt.

Am Ende läuft es auf die alte Frage hinaus: Make or Buy? Bislang konnten sich Individuallösungen nur für begrenzte Aufgabengebiete und in Unternehmen durchsetzen, die über das nötige interne Know How verfügten. Die Tatsache, dass Open Source - Lösungen sich bis heute in den Unternehmen nicht wirklich durchsetzen konnten, mahnt hier zu Skepsis. Allerdings stehen mit Low- und No-Code - Plattformen und den großen Sprachmodellen Werkzeuge und Lösungen zur Verfügung, die eine sinnvolle Alternative sein könnten. 

 

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